vernissage & glatt erzogen - Gebilligtes im Schnellwaschgang ... (Freitagsgedichte 59 & 60)

Ein Friedrichshainer Autorenkreis ohne richtigen Leiter akzeptierte folgende Gedichte:

glatt erzogen

wenn du schreist
dann schreie leise
leise schreien
das ist weise

wenn du rennst
dann langsam bitte
langsam möglichst
in der mitte

wenn du abhebst
nah am boden
dann verkneif dir
schrille moden

ecke niemals
böse an
sei nicht frau und
sei nicht mann

führe aus
was man dir sagt
sprich nicht wider
ungefragt

leb ein wenig
blässlich rot
dann merkts niemand
bist du tot

vernissage

und da standen sie zusammen
jeder sagte
ICH
mach kunst
und sie haben sich beschrieben
jeder jedem seine welt
darin fehlte
ihnen fehlte
sprecht´s nicht aus das wörtchen
geld

und da standen sie beisammen
und ein jeder stand für sich
und wenn einmal sich ein blick traf
gab es lächeln
bitterlich

Und sie gingen auseinander
jeder seinen eignen weg
und sie glaubten sich verschworen
über alle ihre ohren
hoch verschuldet
kaum geduldet
auf dem schmalen
voller qualen
lebenslangen pilgerweg

also floh ich raus ins leben
konnt´ ja sein

das würd´ es auch noch geben

Auswertung des ersten Kommunismus-Vortrags anhand "Gemeinschaft der Glückssüchtigen" vor den "Müttern gegen den Krieg Berlin-Brandenburg" (Die "Generalprobe")

Gesamtnote des Auftretenden: 3 
Auf der Grundlage des Dargebotenen würde ich einem Freund noch nicht raten, das müsse er unbedingt erlebt haben. Besonders der Erlebniswert, das Vergnügen am eigentlich angestrebten Erkenntnisgewinn der Zuhörer kam praktisch zu kurz. Einzig der Einsatz der ausgewählten Gedichte erwies sich als im Wesentlichen optimal – der Vortrag als gelungen.
Kleine Entschuldigung: Die Raumbeheizung wirkte ermüdend. Dem Vortragenden gelang es jedoch nicht, diesen Effekt unbemerkt zu machen. Erschwerend kam dazu, dass der Vortrag unmittelbar zu Beginn in Anbetracht der Zuhörerstruktur etwas umgebaut werden musste. Von den ca. 25 anfänglichen Zuhörern räumten zwei ein, von Youtube gehört zu haben, im Wesentlichen musste ich also allgemein alle Grundlagen des Marxismus bei der Zuhörerschaft als bekannt voraussetzen, alle Fragen des konkreten technischen Fortschritts als unbekannt und unverständlich. Eine ZU ideale Voraussetzung für die Aufbereitung des Themas: Ich konzentrierte mich u.U. Eben zu sehr auf jenen technischen Aspekt, warum was heute anders geht als bekannt. Der GESAMTBEGRIFF Kommunismus kam dabei zu kurz, ebenso die Einheit dessen, dass diese Gesellschaft logisch hergeleitet werden kann UND etwas ist, für das man sich begeistern kann. Ja, Begeisterung fehlte. Dabei war der Vortrag ausreichend für neue, weitere Erkenntnisse und an keiner Stelle „missglückt“ … aber eben im Wesentlichen mittelmäßig.
Sofern dies als Generalprobe gelten darf, wären die Hoffnungen groß auf die Premiere in Potsdam. Ein paar Tage sind ja noch, um umzubauen und Stimmspiele zu üben, dass sie automatisch kommen, wenn sie gebraucht werden. Nur nicht von den Teilnehmern verunsichern lassen.


Zur Krönung der inneren Wut: Heute Vormittag stand eine Lohnsteuerberatung auf dem Programm. Ich weiß das Stichwort nicht mehr; ich glaube, es war nur ein Blick auf den Bücherstapel, aber plötzlich sprudelte der Vortrag aus mir heraus, wie ich ihn gestern hätte gehalten haben sollen. Temperamentvoll, logisch, emotional … es war alles da. Das Können ist gespeichert. Nun muss es nur noch im richtigen Moment rauskommen, wenn eine Zuhörerschaft begeistert werden will ...

Großer Kommunismus-Auftritt und vorgezogene Freitagsgedichte

Heute ist Show-Premiere: der erste halböffentliche Vortrag zu Fragen moderner Kommunismus-Auffassungen im "Roten Laden" an der Weberwiese in Berlin, Weidenweg 17. 17.00 Uhr geht es auch los.
Öffentlich ist das Ganze, insoweit teilnehmen kann, wen das Thema interessiert, HALB öffentlich deshalb, weil der Kern der Besucher wohl die "Mütter gegen den Krieg Berlin-Brandenburg" sein werden, in deren monatliche Reihe sich das einordnet ... oder auch nicht: Normalerweise finden "geographische Reisen" statt mit Gästen, die Entwicklungen in bestimmte Regionen der Welt näher beleuchten; diesmal geht es um eine Welt, wie sie sein könnte, aber noch nirgends ist - außer in meinem Buch "Gemeinschaft der Glückssüchtigen" ....
Wie lange die Veranstaltung dauern wird, hängt natürlich auch von den Fragen und Anmerkungen der Besucher ab. Vorsorglich habe ich also zwei Gedichte parat, mit denen ich nachher zum "Friedrichshainer Autorenkreis" gehen würde, wenn sich das noch lohnt:

Sonett des neidischen Klassikers, der für einen Kollegen den Ghostwriter spielte


Dichte nur, dichte, es ist einerlei
zwei Reime am Tag hast du bei mir frei.
Du hast eine Seele? Welch köstlicher Witz.
Die ist doch schon längst in meinem Besitz.

Nenne mich Teufel, nenn mich Triumpf:
du sprichst zwar geschliffen, doch für mich bist du stumpf.
Du hast auf den Beifall, den man dir schenkt,
allein dein Begehren und Streben gelenkt.

Welch göttliche Ordnung erhält dir die Welt,
fällt vom Herrschertisch dir etwas Geld.
Du hebst es schnell auf, küsst den Boden zum Dank
im Innern ergeben ein Leben lang.

Damit, dich zu holen, habe ich keine Not.
Es scheint, dass du lebst, doch bist du längst tot.


Inselherbst


Wolken
fallen ins Meer,
Sturmböen
peitschen den Strandwanderer aus.
Er hört nicht
die Windflüchter flüstern:
Wir haben ihn gewarnt.
Sommersonne floh
auf Maledivensand.
Beim Grog
secht Fiete
Nu is Ruh.
So wenige Worte
reichen für
drei Wochen
Erholung.