Erotische Experimente – Erzählungen und Gedichte bei dorante Edition



Jeder Mensch macht Fehler. Mein Fehler war, zuzustimmen, zwei der acht Geschichten, die ursprünglich für eine SF-Anthologie gedacht waren, und die dort auch wegen des Titels „Mein außerirdischer Liebhaber“ auch denkbar gewesen wären, mir ausreden zu lassen. Sie passten doch eher in eine Erotik-Anthologie. (Wie heutig sie schon sind, darüber lässt sich streiten.) Letzlich ist doch abzuraten, bei einer Anthologie, deren andere Texte man erst kennen lernt, wenn sie auf dem Markt ist. (Bei „Mein außerirdischer Liebhaber“ hätte ich allerdings dann auch mitgemacht.)

Das Lesen war ein Abenteuer, das allerdings zunehmend unangenehm wurde. Ja, der Band enthält eine Reihe erotischer Texte und ist auch abwechslungsreich, was die Herangehensweisen betrifft. In einer Skala von 1 bis 5, wenn 5 die Bestwertung darstellt, war ich etwa bei der Hälfte am Schwanken, ob ich 2 oder 3 werten sollte. Eher für 2 sprach der sprachliche Dilettantismus. Die meisten Texte bedüften einer gründlichen Überarbeitung. Den Autoren hätte der zwischenzeitliche Kontakt zu ihrem Deutschlehrer gut getan. Zumindest aber – und da achtet man dann weniger auf gute Sprache – aktivierten die meisten Texte tatsächlich erotische Fantasien. Ich hätte so schon bei der ersten Geschichte genörgelt, demjenigen Vorwürfe gemacht, was er dort an den Anfang gestellt hatte – man möchte doch „hineinfinden“. Bei aller Kritik am „Lektor“ - es folgt zum Teil so Peinliches, dass der Anfang akzeptabel ist.
Das Schlimmste: In der zweiten Hälfte überwiegen Texte, die schlicht nicht „erotisch“ sind. Herausragend Johannes Bettisch, der einige klassische „versaute“ Altherrenwitze zu „Geschichten“ aufgeblasen hat – wie um die Haltbarkeit seiner Kondome zu testen. Dass dann das Buch mit einer „echten“ Witzsammlung endet, sozusagen als Krönung, ist nur konsequent.
Außerdem ist ein Text hineingeraten, den ich als Kinderpornografie abgelehnt hätte. Man kann ja darüber streiten, wann „Pornografie“ beginnt. Voyeurismus kann ja etwas durchaus Erotisches sein. Aber einer etwa Sechsjährigen zuhören zu müssen, wie sie ihrem Teddy die Praktiken beschreibt, mit denen sie ihren Großvater sexuelle Befriedigung verschafft, fand ich abstoßend unangenehm – und wurde zur Leservergewaltigung, weil man nicht sofort weiß, wo man hineingeraten ist … und der Text endet auch nur mit einem Alibisatz der Belauschenden, der das Umfeld so wenig beleuchtet, dass es praktisch eben allein um die Beschreibung des strafbaren Aktes geht.
Also für diesen Teil 1 bis 2 „Sterne“, insgesamt also knapp am totalen Flopp vorbei.
Ergo: Eine radikale Streichorgie hätte den vorhandenen Ansätzen Geltung verschafft … und erotische Literatur sollte als Einheit von guter Sprache und sich entwickelnden Fantasien mehr Würdigung empfinden.

Insoweit meine beiden Texte darin von der Farbe der anderen „abbekommen“, kann ich nur sagen: Peinlich!“

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