kein "Lyrischer Lorbeer" ...

Bielefeld, den 01.11.2011
Sehr geehrter Herr ... ,
es freut uns sehr, dass auch Sie sich an unserem Lyrikwettbewerb beteiligten. Ihr
fünfstrophiges Gedicht „Origami für Hiroshima“ war Gegenstand unserer literaturwissenschaftlichen
Begutachtung. Formal haben Sie sich für freie Rhythmen und
gegen Reime entschieden.
Inhaltlich greifen Sie die bewegende Geschichte Sadako Sasakis auf, die 1955 an der
Strahlenkrankheit verstarb und vor ihrem Tod noch 644 Papierkraniche faltete, weil
ihr eine Freundin erzählt hatte, dass ihr die Götter beim 1000. einen Wunsch erfüllen.
In Ihrem Gedicht geht es also um enttäuschte Hoffnung (auf Heilung) und unschuldiges
Leid, aber auch um die Kraft einer Bewegung und das Wachhalten von
Erinnerungen.
Dazu entfalten Sie die einzelnen Strophen selbst wie Origami, als kleine eingeständige
Einheiten, die sich trotzdem aufeinander beziehen und zusammengehören. Vor
allem das dritte Origami verbindet die beiden ersten inhaltlich und endet mit dem
schönen Symbol des Flügelausbreitens, das auch die Pose ihres Denkmals
reflektierend für die zum Engel gewordene Sadako steht.
Die vierte Strophe öffnet Sadakos Geschichte dann allgemeiner zu der Menge
unerfüllter Träume hin und bereitet das fünfte Origami vor.
Indem sich das lyrische Ich nachträglich wünscht die Atombombe mit dem
sarkastischen Codenamen Little Boy wäre nie erfunden und abgeworfen worden,
kommt die Unmöglichkeit die Zeit zurückzudrehen und Katastrophen ungeschehen zu
machen zum Ausdruck. Der 300 mal geschriebene Wunsch wird (durch Tränen)
verwischt. Die Aussage ist damit eindrucksvoll vermittelt.
Etwas verstörend und unvermittelt kommt hingegen der englischsprachige Hinweis
auf die noch erwerbbare domain sadako.org daher. Soll hier dem Leser eine
Möglichkeit zur Internetrecherche aufgezeigt werden, oder ein konkretes Projekt
angestoßen werden? Wie auch immer. Ihr Wettbewerbsbeitrag ist ein Teil einer
wichtigen Erinnerungskultur und spricht die Emotionen des Lesers an. Ihr
Grundanliegen ist klar vermittelt und soll durch eine Veröffentlichung in der
Anthologie „Lyrischer Lorbeer 2011“ und einem bemerkenswerten 38. Platz
Unterstützung erfahren.
Mit besten Wünschen für Ihr weiteres literarisches Schaffen
grüßt Sie Ihr Lorbeer Verlag

aus dem Anschreiben:
" ...Insgesamt haben wir 433 regelkonforme Einsendungen aus 12 verschiedenen Ländern erhalten. Neben zahlreichen Beiträgen aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz,erreichten uns auch einzelne Gedichte aus Polen, Russland, Finnland,Ungarn, den Niederlanden, Frankreich, Spanien, den USA und Israel. Die jüngste Teilnehmerin wurde 1999 und die Älteste im Jahr 1927 geboren.
Damit ist unser internationales Lyrikprojekt ein toller Erfolg lebendiger dichterischer Vielfalt geworden. Gut 180 Gedichte haben den Sprung in die angekündigte Anthologie gemeistert. An etwa 250 Teilnehmer müssen wir leider Absagen versenden. Die Autoren der besten 50 Gedichte und die Siegertexte werden in Kürze auf unsere Homepage allgemein bekannt gegeben. ..."

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